Nawatu wurde in einem kleinen Dorf im fernen Venoyha geboren weit vor der großen Hauptstadt Ayodhya des Herrschers Suma Shoka.
Das Dorf Akolum lag hinter den ausgedehnt angelegten bewässerten Feldern vor den kleineren auslaufenden Waldzonen des am Rande der Berge beginnenden Urwalds. Die Dorfeinwohner lebten überwiegend vom Handel mit nur über Trampelpfade erreichbare Walddörfer, von der Jagd und von der Anwerbung von Söldnern und Kriegern für den Herrscher. Jeder Krieger, den sie lieferten, minderte ihren Tributzoll und kostete dem Dorf keine zusätzliche Versorgung. Zwar unterlag ihr Dorf der derzeitigen Staatsreligion des Herrscherpalastes, dem venoyhanischen Mitra-Kult, sodass sie viermal im Jahr von einem Mitrapriester besucht wurden. Die friedlichen Mitrapriester nahmen es jedoch nicht so genau, wenn auch mit gemischten Gefühlen, solange die Akolumer sich keiner Todsünden schuldig machten, da es bereits zu den Dörfern der Ureinwohner gezählt wurde und als Bindeglied zwischen den Urwaldeinwohnern und dem Landvolk eine wichtige Funktion ausübte.
Der Mitra-Kult in dieser abgewandelten venoyhanischer Form war auch eine erst seit Jahrzehnten währende persönliche Modeerscheinung des Herrscherhofes und manches deutete daraufhin, dass bald mit dem jungen ehrgeizigen Herrscher Suma Shoka erneut ein Wandel folgen könnte. Dabei hatte der ursprüngliche naturverbundene Mitra-Kult in Venoyha seine Wurzeln, aber das Land war zu riesig und die Verlockungen für starke Herrscher zu groß, als das sie das interessierte. Es war einfacher die Religionsausübung den Staatserfordernissen anzupassen und unbequeme Gläubige mit einem Schisma zu belegen oder in öffentlichen Religionszeremonien zu foltern und zu töten. Viele befürchteten eine Entwicklung zu einer aggressiven Religionsausübung verbunden eventuell mit einem Wechsel der Staatsreligion. Deshalb wurde der venoyhanische Mitra-Kult von allen Volksgruppen im Großraum der Haupstadt nur sehr vorsichtig unterstützt, aber eben nicht von jenen, die ein eigenes Interesse an den Machtgelüsten des Herrschers hatten. Deshalb gingen die Dorfbewohner weiterhin ihren schamanistischen und okkulten animalistischen Glaubensriten nach, zumal sie ihre Mittlerrolle geschickt ausnutzen konnten und dies der Duldung unterlag.
Nawatu war eines von zwölf Kindern, neun Mädchen und drei Jungen, und ein Mädchen galt hier traditionell nicht sehr viel. Ihre Eltern verkauften zwei ihrer Töchter bereits sehr früh als Kleinkinder und zwei weitere kränkelnde liehen sie aus zum Steineklopfen an einem Nachbarn, sodass sie der Sippe nicht mehr zur Last fielen. Die anderen behielten sie zur Versorgung der Sippe und für die Erledigung lästiger und schmutziger Arbeiten. Die beiden Schönsten jedoch wurden gehegt und gepflegt, erhielten alle Vorteile, um so einen möglichst attraktiven, d.h. wohlhabenden Brautwerber zu gefallen. Die Jungen waren der ganze Stolz der Eltern, denn zwei davon eigneten sich schon sehr früh für den Weg des Kriegers, der andere jedoch taugte sogar auch als Händler, weil er sehr geschickt feilschen konnte und überragte alle. Das Geld, was sie später verdienten, benötigten sie für den Kauf ihrer Frauen, deren Mitgift den Aufwand dafür mehr als aufwogen. Je jünger die Frauen, desto geringer die Mitgift, desto höher aber die Gewißheit der Unberührtheit und Jungfräulichkeit. Das war der Grund, weshalb die überschüssigen Töchter schon sehr jung als Kinder vermittelt wurden. Außerdem gab es dann nicht so große Probleme mit den Äusserlichkeiten. Die Töchter, die von vornherein besser aussahen, hob man sich in aller Regel für später auf, da sie einen hohen Kaufpreis versprachen. Die Hässlichen gingen schwerer Arbeit nach und verschwanden irgendwann aus dem Blickfeld der Eltern, meist landeten sie in einem der großen Slums am Rande der Hauptstadt oder gerieten in die Fänge von Menschenhändler, die sie als Arbeitssklaven verkauften. Es gab aber auch mächtige Kannibalenstämme die diese manchmal zu höheren Preisen aufkauften, wenn es um große festliche Vorbereitungen ging und Überfälle auf benachbarte Stämme vermieden werden sollten. So war der Menschenhandel ein einträgliches Geschäft und half dem Herrscher manche Regionen für sich zu sichern und ohne teure Kriegszüge zu befrieden.
Im Falle Nawatus verlief alles irgendwie anders und recht ungewöhnlich. Dies kam daher, da die Augen Nawatus schon von Beginn an so ganz anders strahlten und Männer, ob nun jung oder alt, sofort in ihren geheimnisvollen Bann gerieten. Es waren hellbraune Augen mit einem ockerstrahlenden durchdringenden Schimmer, einige sagten wie der kräftige Schein der Morgensonne und von polierten Gold, andere wiederum verglichen es mit dem Glanz von schwerem heißem Metall einer Speer- oder Schwertspitze. Der alte, mittlerweile verstorbene Dorfschamane, hielt es für eine Spiegelung einer fernen Gottheit, die man nicht aufwecken solle, aber nicht für einen bösen Fluch, sodass Nawatu nichts geschah. Dieser besondere Umstand war der Grund, weshalb Nawatu schon sehr früh im Alter von vier Jahren zu einem wundersam hohen Preis an einen Nachbar, der wiederum ein Vetter des Dorfältesten war, verkauft wurde, noch bevor ihre wahre noch schlummernde Schönheit aufblühen und ihre verborgenen in ihr schlummernden Mächte erwachen sollten.
Ihre neuen Stiefeltern behandelten sie jedoch schon bald sehr schlecht, da der Sohn, für den Nawatu bestimmt war, nur wenige Jahre nachdem der Kauf von Nawatu abgeschlossen war, einer ranghöheren Dorftochter aus Zugewinnabsichten zugeführt werden sollte. Dies hatte der Ältestenrat des Dorfes so beschlossen, da der Sohn so übermaßen talentiert war und viele Gleichaltrige und sogar Ältere in seinen Fähigkeiten weit in den Schatten stellte. Er vereinigte schon sehr früh absehbar auf geniale Art die Fähigkeiten des Wirtschafters, des Verhandlers und Kriegers in einer Person.
Nawatu war nun überflüssig, auch wenn man überlegte, sie als leibeigene Magd und Nebenfrau für diesen Sohn beizugeben, da auch er sie behalten wollte. Doch hatte man aber überdurchschnittlich für sie zahlen müssen. Der Ärger darüber war sehr groß und diesen liess man Nawatu zunehmend spüren. Sie mußte schon im Alter von acht Jahren alle Besorgungen machen und später mit zehn dazu immer schwer schuften. Stets dreckig lief sie umher. Ihre allmählich erwachende wahre Schönheit wurde dabei vom Schmutz der Mühsal und der Straße überdeckt. Anfangs hatte der Sohn, für den sie bestimmt war, ihr noch tröstende Worte gespendet und ihr kleine Geschenke gemacht, doch im Laufe der Zeit hatte er nur noch Augen für die von seiner Sippe so sehr umworbene ranghohe Schöne, die ein Jahr älter war als Nawatu und schon sehr früh im Alter von zwölf Jahren erste reifende frauliche Reize ausspielen konnte und stets in besten Tüchern gehüllt war. So wendete er sich von Nawatu schließlich ab und wollte, als auch sie zwölf Jahre alt war nichts mehr von ihr wissen. Er bedachte sie mit der zukünftigen Rolle einer schäbigen Magd als Nebenfrau, wie es die Eltern wünschten, zumal er sie ja später nach Belieben gebrauchen könnte. Würde sie sich nicht einfügen, beabsichtigte er für sie einen höheren Preis bei den Menschenhändlern auszuhandeln, als man für sie einst gezahlt hatte. Das würde seine Verhandlungskunst gegenüber der ranghohen Familie bekräftigen und deren Respekt für ihn würde weiter wachsen. Er fand, das sei eine sehr geschickte Lösung und auch besser für Nawatu, als gepeinigt und ohne alles schwer verwundet, verstossen oder geopfert zu werden. Die anderen Gefahren, die ihr durch bei Menschenhändler drohte, wie z.B. als Lustsklavin oder Opferfestgabe, blendete er geschickt, auch sich selbst gegenüber aus.
Nawatu begann allmählich die Welt mit rauhen Augen zu sehen, in denen dieses grelle Blitzen und Funkeln immer stärker aufleuchtete, sobald sie andere Blicke erwiderte. Dies machte vielen zunehmend klammheimliche Angst und sie mieden sie, wo es ging und streuten böse Gerüchte. So fingen die Stiefeltern an, sie bei kleinsten Versehen zu schlagen oder tagelang in einen Stall bei den Schweinen einzusperren. Diese Zeit war sehr schlimm für Nawatu. Während andere Kinder die religiösen Dorfschule besuchen durften, um deren Riten und Gebräuche zu erlernen und wie man sich den männlichen Oberhäuptern und Sippenführern gegenüber gefällig dienend zu verhalten habe, zog dies nun an Nawatu vorbei, wie eine Wolke in der Ferne.
Sie hatte sich mit einem besonders intelligenten Schwein im Stall angefreundet, sprach mit den Tieren auf ihren manchmal tagelangen Wegen auf den Trampelpfaden durch die Wildnis zu den weiter entlegenen Dörfern. Mit einer auf einer gefährlichen, von allen wegen Tigerangst gemiedeten Lichtung beheimateten Kobraschlange verstand sie sich besonders gut. Überhaupt mochte sie Schlangen sehr. Die Kobra kam Nawatu schon bald aus dem Gebüsch entgegen, wenn sie des Weges kam und sie spielten mit einem Elfenbeinstab, den Nawatu vor längerer Zeit am Wegesrand fand. Dabei blühte Nawatu völlig auf, denn die Kobraschlange bewegte sich im melodisch geführten Rhytmus des von Nawatu geführten Elfenbeinstabs. Ja, es wirkte in Nawatus Vorstellungskraft so, als befände sie sich in einem großem mystischen Areal mit einem gewaltigen Publikum von Sehern und Zauberern und die Kobra war eine Riesenschlange gleich einem Drachen oder als befände sie sich auf einem einsamen Felsen in der Wildnis und würde dort mit furchterregenden Bestien ringen und diese beschwören, um schließlich magische und geheimnisvolle Zauberkünste zu vollstrecken.
Niemand wußte davon. Sie verbarg es allen, so gut sie konnte. Und ihre Gefühle zu verstecken, das hatte sie inzwischen sehr gut gelernt, weil sie es als lebenswichtig empfand. Sie entwickelte sich allmählich zu einem schönen frühreifen Mädchen, war sehr schlank, beinah drahtig und blieb offensichtlich kleinwüchsig mit einer geheimnisvollen Ausstrahlung unbekannter Herkunft gleich einer magischen Aura trotz allen Ungemachs, dass ihr widerfahren war. Nur der Staub, die schmutzige Kleidung und die vielen Kratzer am ganzen Leib verhüllten ihre noch etwas kindlich geformte Schönheit. Für sie waren Menschen zunehmend jämmerliche Geschöpfe von niederen Beweggründen und Motiven getragen, wie Neid, Mißgunst und Gier. Sie hasste sie deswegen nicht, sondern verachtete sie nur, hielt sie für primitive Wesen, die alles beherrschen und knechten wollten und dabei auch die eigene Spezies versklavten. Soetwas kannte sie sonst nur von Insekten, den Ameisen und Termiten, die sie manchmal hatte beobachten können. Oder sie verglich sie mit den Wölfen der hügeligen Ebene hinter den Feldern, die auch ständig nach Beute lechzten. Nur bei denen wußte man, woran man war, denn sie kannten die Lüge nicht.
Einmal war sie dorthin hinausgegangen, wo sonst nur starke Jäger sich aufhielten, und ein Bär begegnete ihr neben einem stacheligen Busch auf einem Hügel, brummte grollend und sträubte seinen ganzen dunkelbraunen Pelz. Sie sah seine fletschenden Zähne. Zunächst absolut still mußte Nawatu auf einmal unwillkürlich kichern angesichts seiner Struppigkeit und sie hob ihren Elfenbeinstab in der gleichen Weise, wie es nur ein Dirigent vermag. Der Bär wendete sich ein paar Mal um die eigene Achse, dann brummte er mehrmals auf, kam Nawatu mit mehreren Sätzen bedrohlich nahe, blieb wie angewurzelt stehen, Nawatu rührte sich nicht und mit einem Male wendete er sich ab und lief wild hin und her springend in die weite Wildnis davon.
Eines Tages kam ein fremder ranghoher Schamane in das Dorf und ging nach einem Besuch beim Häuptling und dessen Dorfschamanen von Sippe zu Sippe. Nachdem er bei ihrer Sippschaft zu Gast Nawatu auf dem Hof das Feuerholz abklopfen sah und Nawatus Blicke, als sie ins Haus schaute, sich mit den seinigen zufällig kreutzen, empfahl er ihren Stiefeltern, sie schleunigst einem Ritual zu unterziehen, da sie von bösen Kräften beherrscht sei. Sie würde daran nicht sterben, aber sie würde danach innerlich gerichtet sein und die bösen Geister, die sie bewohnten, würden ihren Wirt verlassen. Nur in seltenen Fällen, wenn das Böse in ihr sich zu manifestieren suche, anstelle zu entfliehen, nur dann werde ihr schlagendes Herz dem göttlichen Ritual geweiht. Nur das könne man erst entscheiden während des Verlaufs und den nicht vorhersehbaren Ereignissen einer rituellen Zeremonie. Er sprach sogleich beim neuen Dorfschamanen vor, der sich unterwürfigst verhielt und es wurden die Vorbereitungen für das Blutfest getroffen.
Schon lange hatte es ein solches Ritual in dem Dorf nicht mehr gegeben und die Stiefeltern, die sie so schändlich behandelt hatten, jammerten, da sie noch immer auf Ersatz für ihren hohen Kaufpreis hofften. Der ranghohe fremde Schamane versprach, ein Ausgleich fände auf religiöse Weise statt und durch den Rang, den die betroffende Familie mit der Ausrichtung der Zeromonie erwerbe, werde dieser Ausgleich über die Jahre mehr als aufgewogen. Vor allem sei dies sehr vorteilhaft für den guten Ruf und die noch in diesem Jahr geplante Hochzeit des Sohnes. Das leuchtete den Stiefeltern sofort ein und auch der Sohn, der nur noch Augen für seine ranghohe Schönheit hatte, die mittlerweile im Alter von sechzehn Jahren bereits in voller fraulicher Reife und standesgemäß im überfälligen Hochzeitsalter befand. Die umfänglichen Hochzeitsvorbereitungen waren bereits in vollem Gange. Der Sohn hatte bereits zwei weitere Dorftöchter als Nebenfrauen vorbestimmt bekommen, da der ranghohe Clan der Zukünftigen darauf bestand, sollte die Tochter doch von häuslichen Arbeiten verschont bleiben. Und eine weitere Magd für die besonders schmutzigen Arbeiten würde sich unschwer finden lassen, falls Nawatu nun doch schon sterben sollte. Und so bemühten sich alle alles erdenkliche Gute zum Gelingen der geplanten grausamen Prozedur beizutragen, egal wie diese für Nawatu ausgehen würde, denn das lag in den Händen der göttlichen Zeremonie.
Indes die wahre Schönheit Nawatus, die sich nunmehr auch zu einer überaus naturhübschen jungen Frau entwickelt hatte, und ihre innere charakterliche Stärke und Weisheit, die sich im Umgang mit der Wildnis der Natur ausgeformt hatte, blieb allen weiter verborgen, da sie sie kaum beachteten und sie sie nicht pflegten, wie die anderen, sondern sie weiterhin schmutzig im Stall schliefen liessen und ihr das karge Essen wie den Haustieren auf einen angestammten Platz stellten. Doch Nawatu wußte sich auf ihren Wegen entlang den Wäldern zu helfen indem sie frische Beeren, Früchte und Kräuter pflückte und sich davon ernährte. Auch reinigte und pflegte sie sich heimlich. Einen Kamm und eine Knochenfeile für ihre Nägel hatte sie in ihrer Not vor einiger Zeit einem Händler unauffällig gestohlen, der diesen noch nicht einmal beim Verlassen des Dorfes vermisste. Sie badete an geheimen Seen und Flüssen. Ein schwarzer Panther, der ihre Fährte genommen hatte und ihr an einem großem Baum auflauerte, liess von ihr schwach fauchend ab, als sie völlig nackt, einer jungen schwarzen Urwaldgöttin gleich, einem duftenden mit blühenden Pflanzen bedeckten Teich entstieg. Sie sprach ihn leise und sanftmütig in ihrer scheinbaren Unbekümmertheit mit ihrer leicht in sich gekehrten Stimme an, so wie sie es bei allen Tieren tat. Auf ihrer dunkelbraunen glänzenden Haut perlte das weiche Wasser ihre schlanken Rundungen und vollen Brüsten entlang und es umgab sie die Aura einer wunderbar und seltsam berauschenden Erscheinung. Und es war diese Magie einer fremden in ihr ruhenden Kraft, die den Panther dazu bewegte, sich zur Seite zu legen und sie schmiegte sich an ihn, als wäre dieser Panther ganz zahm und seine Wildheit erloschen. Hätten sie jemals in dieser jungen geheimnisvollen Schönheit ein Krieger oder anderer Mann des Dorfes so liegen sehen können, hätte alles einen anderen Lauf genommen, da dieser sicher jeden Preis gezahlt hätte, nur um sie zu begehren, sie vermutlich einfach voller Begierde geraubt hätte.
Aber sie kam immer in staubigen Lumpen und zerzausten Haaren verschwitzt ins Dorf zurück. Nur einmal, als sie die erste Male ihre Regelblutungen hatte, waren mehrere Dorffrauen gekommen, hatten sie ein wenig gesäubert, um sie zu untersuchen und eingehender betrachtet, da sie nach uralten Brauch eine Beschneidung vornehmen wollten. Da sie aber zu diesem Zeitpunkt viele Schrammen und blaue Flecken und Prellungen aufwies und eine leichte Entzündung vorwies, hielten sie sich begleited von unflätigen Kommentaren zurück und liessen alles so wie es war. Später fragten die Weiber noch einmal bei der Sippe nach, doch der Vater wiegelte ab und sagte, dass der Sohn dies später entscheiden werde, so wie es ihm gefiele, da über den Verbleib und Handel mit Nawatu noch nicht entschieden sei. Eine Beschneidung mache daher noch keinen Sinn, da dies unter Umständen den Handelspreis an fremde Stämme, vor allem den Preis der Lustkultobjekte, also junger Frauen, die sie ihren Göttern opferten, schmälern könnte. Dies wolle seine Sippe unbedingt noch abwarten.
In den Abendstunden auf ihren mühsamen langen Wegen vor der geplanten Weihung als rituales Zeremonienopfer traf sie unterwegs, als sie kurz rastend auf der einsamen Lichtung mit ihrer Kobraschlange sprach und diese eifrig mit dem Elfenbeinstab dirigierte, auf eine stolze Reiterin, die wie eine furchteinflössende Kriegerin aussah, aber ihren Blick ganz anders und völlig furchtlos, sogar ungewohnt respektvoll erwiderte, als alle anderen Menschen, denen sie jemals begegnet war. Deshalb erschrak sie nicht und auch ihre Kobra schien wider Erwarten nicht in aggressive Stimmung zu verfallen. Die Kriegerin stieg von ihrem glänzenden dunklen Rappen und ging auf sie zu. In ihren grünen Augen war ein Aufflammen wie das des Steines der Öffnung zur Welt und der Selbstheilung, eine schillernde Mischung aus Achat und Amazonit. Die Kriegerin blieb nun in leichter natürlicher Distanz vor ihr stehen, senkte leicht ihren Kopf und schaute Nawatu klar und offen an. Sie war schlank und sehr hellhäutig ganz leicht gebräunt, wie aus den fernen Ländern des Westens, hatte dunkles gewelltes Haar mit kurz geflochtenen Zöpfen. Ihre Bewegungen waren höchst geschmeidig und sehr edel, wirkten aber entspannt und natürlich. Ihr Oberkörper war unbekleidet ohne Rüstung völlig entblößt und auch ihr wogender Busen war mit einer geheimnisvollen vollflächigen dunklen Bemalung überdeckt, deren Sinn Nawatu nicht verstand,. Es umhüllte sie ein großer Rückenumhang aus Edelwolle und Seide. Die Kriegerin berührte sie nicht, blickte ihr unentwegt in die Augen und sagte schließlich mit klarer Stimme zu Nawatu in ruhigen sehr ernsthaften Ton: "Du bist zu wertvoll, als dass du jämmerlich wie eine Ziege dahinbluten sollst. Ich sehe, welcher Gott dir mächtige noch schlummernde Gaben gab. Dass seine Arme bis hierher reichten, das erkenne ich nun an dir und war mir bisher unbekannt. Sets Arme reichen sogar bis in diese weitentfernte Welt. Kein Weg und kein Opfer scheint ihm zu weit, um das Böse in die Welt zubringen. Nun, schon heute Abend gehörst Du zu mir. Deine wahre Seele und Magie werde ich entfesseln. Deine Zaubermacht des Set wird Mitra dienen. Ich weiß die Sünde geht hier um und ich rieche sie wie die Pest. Deine Qualen werden mit einem grausam starken Schmerz beendet sein und deine Seele befreien. Das Feuer Mitras wird die Widerwärtigkeit verbrennen."
Auch die gefährliche und sonst so gefürchtete Schlange schien entgegen ihrer reptilischen Natur verwirrt zu sein. Die Kobra fixierte noch immer leicht drehend sowohl Nawatu und die Kriegerin, aber ohne zu zischen, wie bei gemeinen Menschen. Nawatu war wie gebannt, stand wie verwurzelt und ihr ockergelber Schein in ihren Augen flammte zu vulkanischer Farbe auf. Jedwede andere Person wäre voller Entsetzen davon gerannt. Doch die Kriegerin liess sich davon nicht beeindrucken, zeigte nur etwas Anspannung und ihre stählernden Muskeln schimmerten hinter dem satinhaften Schein ihrer Haut hervor und ihre bebende Brust wuchs mit dem tiefen Atem an. Ihre Augen hüllten Nawatus vulkanisch blitzendes Anlitz in einem eigenartig grünen Wiederschein betäubend ein. Die Kriegerin ging sodann zurück zu ihrem Pferd, winkte und ritt davon, verschwand im Dickicht so schnell und lautlos wie sie erschienen war.
Nawatu war noch immer stumm und regungslos und verstand das alles nicht. Noch nie hatte sie jemand in dieser aufrechten Weise angesprochen, sondern immer erst nachdem er sich mit ihren Stiefeltern in Verhandlungen befand oder sogar einig war, was aber in letzter Zeit nicht vorgekommen war. Und dann meist in einer herablassenen und entwürdigenden Art. Sie fühlte auf einmal echte Wertschätzung. Es war ein seltsames Gefühl. Ach, was wollte sie sich darüber den Kopf zerbrechen über diesen widerwärtigen Prozess. "Will sie mich denn etwa kaufen? Eine Edeldame aus hohem Hause ?" Nawatu hatte die Worte der Kriegerin noch nicht richtig verarbeitet, da selten mit ihr jemand sprach. Und noch nie war Nawatu einer Person von solch hohem Range begegnet. Dabei schien diese von Schmuck und Prunk nicht viel zu halten, vielleicht gab sie sich auch nur als solche aus, war nur eine Herumtreiberin mit gestohlenden Pferd, aber diese viele feinen und geheimnisvollen Dinge an ihr ? War sie überhaupt auf einen Handel aus ? Sie sah eher so aus, als würde sie sich nehmen, was ihr denn bestimmt sei. Nur eines wußte Nawatu sicher, sie würde dieser neuen Herrin überallhin folgen, da ihr das Dorf immer unheimlicher wurde. Manchmal hatte sie solche Angst, dass sie nicht mehr dorthin zurückkehren wollte. Und nicht nur das, sie verspürte neben der ehrfurchtgebietenen Ausstrahlung der Kriegerin eine innere Anziehungskraft, was sie bisher so nur von ihren Geschwistern von früher her kannte. Etwas Vorbestimmtes und Vertrautes, wie es nur dem gleichen Blut entspringen konnte. Aber wie sollte das möglich sein ?
Nawatu schossen verzweifelt soviele Gedanken durch den Kopf. Ihr wurde davon richtig benommen. Jedoch von der Tortur, die der Abend ihr bringen sollte, ahnte sie nichts, denn alle Vorbereitungen liefen um sie herum im Verborgenen ab. Nawatu hatte nur seit Tagen gespürt, dass etwas vor sich ging und ihre Stiefeltern sie nicht mehr so oft schlugen, was für sie wie eine Wohltat war. Sie ging nun ihres Weges zurück zum Dorf und die Kobra folgte ihr, wollte nicht mehr von ihr weichen. Nawatu gab es auf, der Kobra ihren Ruheplatz zu weisen bis sie verschwand, denn es wirbelten immer neue Spekulationen über die Reiterin in ihrem Kopf herum. Und sie hörte rätselhafte ächzende Stimmen aus den dunklen Tiefen ihrer Seele, die sie so noch nie vernahm. Etwas erschöpft und einem leichten Schwindel gleich näherte sie sich dem Dorfeingang und klopfte ihren Namen rufend gegen die große Eingangspforte inmitten des manneshohen Palisadenzaunes. Wie immer öffnete die Pforte sich, sie schritt hindurch und nach dem Schliessen und Einschnappen des starken Riegels wurde sie hinter der Schwelle aus dem Dunkel gleich an den Armen gepackt. Sie spürte einen dumpfen Schlag an ihrem Kopf von hinten der ihr bis ins Rückenmark fuhr und verlor sofort das Bewußtsein.
Als sie aufwachte, war um sie herum ein bengalisches Schimmern von Fackeln und Kerzen eingehüllt in einen Duft von Weihrauch. Wasser lief von ihrer Stirn und brannte in ihren Augen. Sie lag auf dem Rücken aufgebahrt, konnte sich nicht frei regen und bewegen, weil ihre Hand- und Fußgelenke gefesselt waren. Ihr Körper war völlig unbekleidet, nackt und überall mit okkulten Symbolen bemalt. Um sie herum sah sie die Dorfbewohner in festlich leichten Gewändern und vor ihr standen mit ihren Dienern zur Seite der ranghohe Schamane und zur anderen Seite der Dorfschamane. Sie murmelten gebetsartig vor sich hin gleich einer Beschwörung. Immer wieder träufelte jemand salziges Wasser auf ihre Stirn und in ihre Augen, um das ockerfarbene Aufleuchten ihres Blickes zu behindern und sie von den Geschehnissen stark abzulenken, hielt ihren Kopf an ihren Zöpfen dabei ziemlich fest in Haltung.
Sie war gebannt, konnte nicht wirklich schreien, wimmern vermochte sie auch nicht. Sie presste und biss sich verzweifelt auf die Lippen, die aufplatzten und blutig liefen.
Der Dorfschamane begann nun entlang den okkulten Körperbemalungen auf ihrem Leib ganz fein mit einer gespitzten Vogelkralle zu ritzen. Sie zuckte krampfartig, da ihre Haut an vielen kleinen Stellen fürchterlich zu brennen begann und windete sich verzweifelt unwillkürlich in alle Richtungen. Die grausame Prozedur war noch nicht zu Ende, da wurde sie vom drückend schweren Unterleib eines Vermummten mit langsamen Stössen aufwärts geschoben und sie spürte, dass etwas Hartes in ihr tief und unbarmherzig eindrang. Sie stöhnte voller innerer Qualen. Es war alles so unwirklich und ehe es voll ihr Bewußtsein erfasste, was ihrem jungfräulichen und unbefleckten Körper geschah, spürte sie auf einmal ein eisig kaltes Metall auf ihrer erhitzten Haut über ihre gesamte Brust schräg und langsam hochgleitend das Fleisch aufschlitzen. Der furchtbare Schmerz betäubte ihre Sinne und noch immer konnte sie nicht aufschreien, sie schrie in sich hinein, wimmerte schließlich matt und aussichtslos vor sich hin. Sie versank ohne ihr Bewußtsein zu verlieren in ein Meer von Tränen und eine Grube tiefer seelischer Dunkelheit. Ihre Hand- und Fußgelenke waren angelaufen und blutig gescheuert vom Zerren an den Fesseln.
Der Ritzer stand nun vor ihrem Kopf, wollte auch dort die Ornamentik auftrennen. Plötzlich tobte eine Schockwelle durch den ganzen Raum und es brach ein enormes von Wut und Panik erfülltes Gebrüll um sie herum aus und Mengen von Blut spritzten zu allen Seiten, ganze Gliedmaßen, ja sogar die Köpfe flogen über sie hinweg und wirbelten triefend umher. Nawatus Kopf wurde losgelassen und sie hörte den mehrfachen dumpfen Aufprall der leblosen Körper ihrer Peiniger am Kopfende. Sie sah verschwommen ein unentwegt sichelartig drehendes, zermalmend schwertgleiches und feuriges Metall in der Luft wirbeln. Überall Blut ! Der ausgebrochene Tumult brach zusammen in einem grausamen Blutbad gleich einem Massaker.
Das grosse kühle Messer noch immer längsaufliegend nahe der Brust am Oberbauch ruhte nunmehr still und einsam in ihrem Fleisch. Der Arm, der es hielt, lag nun mit geöffneter Hand abgetrennt daneben. Ein Blutquoll schoss aus dem enthaupteten Rumpf des ranghohen Schamanen, ein Blutstrom aus Hals und Armstumpf, bis dieser wie eine leblose Statue mit einem einzigen weit ausgestreckten Arm erstarrt zur Seite fiel. Nawatu drehte ihren Kopf weg und zerrte an ihren blutgetränkten Fesseln, doch die Bewegung des in ihrem Fleisch ruhenden Messers dämmte erdrückend ihre qualvollen Bemühungen zu sehr ein. Es war ein unerträglich tiefer Schmerz, der nun ihren Körper durchdrang. Sie spürte mit jeder geringsten Bewegung ihr eigenes Brustgewebe zerreisen. Ihr Unterleib und ihr Oberkörper waren von brennenden Schmerzen ganz und gar bis ins Knochenmark erfasst. Ihr wurde kalt. Flammen breiteten sich um sie aus und die Schreie und der Krach von wilden Gestalten und Gliedern waren verstummt. Dunkle Schwaden von Feuerrauch und Gerüche von Blut umgaben sie nun, vermischten und verdrängten den schwüligen Weihrauch.
Schon weit entrückt konnte sie das Klirren des großen Messers aus ihrem Körper auf dem Steinfußboden blechernd grell, einem Gongschlag gleich, übernatürlich laut hören. Spürte einen erlösenden heisswarmen Blutschwelg sich über ihren frierenden Körper ergiessen. Und wie hastig starke, aber schlanke Finger nach ihrer Brust griffen, entlang der Schnittwunde mehrmals drückten, klammerten und pressten, um die starke Blutung zu stillen. Sie erkannte im feurigen Widerschein eine ihr bekannte Gestalt, die entblößten wogenden Brüste mit der geheimnisvollen Bemalung und die grün funkelnden Augen. Diese stand völlig blut- und russverschmiert da in all ihren schnellen Bewegungen, als würde die Feuerbrunst sie nicht erfassen und ohne erkennbare eigene Verletzung. Nein, als würde sie selbst von einer glühenden Feuerhaut umgeben.
Dann saugte die Kriegerin mehrmals ihre große Wunde entlang, spie es wiederholt aus und träufelte im gleichen Zuge etwas hinein, die ganze Breite entlang, sodass es wahnsinig wie eine Säure brannte. Nawatus Schläfen hämmerten. Nawatu sah wie sich die mächtige Schwertspitze gelbocker glühend, genauso wie der Blick ihrer Augen, dampfend auf ihre Wunde legte. Ihre Nervenbahnen spannten sich wie Drahtseile und zerrten wie ein Spinnennetz in ihrem Fleisch. Nawatu verlor dennoch nicht das Bewußtsein, denn ihr entbehrungsreiches geknechtetes Leben und die Natur der Wildnis hatten ihr gelehrt mit starkem Schmerz umzugehen, auch wenn dieser Schmerz der grausamste in ihrem Leben war und wirklich überall beissend brannte. Der Dampf ihres eigenen Fleisches umgab ihre Sinne und der Feuerrauch in der großen hausgleichen Hütte. Nun legte die Kriegerin eine grünbläuliche, triefende und eiskalte Kräutermasse darauf und darüber ein großes netzartiges Wundkissen, drückte fest aber sanft mit ihren kraftvollen Händen. Ein gleissender minzartiger Stoss schoss durch Nawatus Blutbahnen. Nawatu begann zu röcheln und zu husten.
"Verdammt ! Atme nicht! Bei Mitra! " rief sie energisch zugleich zutiefst besorgt Nawatu zu. Strich dennoch zart mit ihrer Hand über Nawatus Mund und seufzte luftholend: "Kein Blut! Mitra sei dank !" Meinte damit, dass kein Blut aus Nawatus Nase, Ohren und Mund drang und keine offensichtliche Gefahr bestand, dass ihre inneren Organe Schaden genommen hatten. Die Kriegerin legte kurz ihre Finger gestreckt auf Nawatus Stirn, die ihre Augen in einem total von Schmerz erfüllten Ausdruck ihres Gesichts schrecklich weit und weiss starrend geöffnet hatte. Und Nawatu sah obwohl der ernsten, hochkonzentrierten Kämpfermiene der Kriegerin, glänzende Tränen die Wange hinunterlaufen und entdeckte an ihrer Stirn, was ihr zuvor auf der abendlichen Lichtung entgangen war, eine bläuliche Tätowierung in der ungefähren Form eines Blattes.
Sie befreite Nawatu nun eilig von den Fesseln, zog flink und flüssig die Stricke unter ihren Rücken und zurrte diese nicht zu fest um Nawatus Brustkorb mit einem Schlingenknoten. Die Kriegerin hob mit sehniger Anspannung Nawatus Oberkörper mit angelegten Armen in der Waagerechten, schritt so eiligst durch die Flammen hinaus ohne auch nur Luft zu holen. Nawatus Kopf und ihre blutverschmierten Beine hingen dabei baumelnd nach unten. Auch aus ihrem Unterleib sickerte Blut, dass an ihren schlaffen Schenkeln bis zu ihren Zehenspitzen entlanglaufend auf den Boden tropfte.
Derweil sprach sie zu Nawatu: "Ich mußte sie auf frischer Tat erwischen, deine Schändung hätte als Beweis niemals gereicht, aber der rituale Schnitt mit dem Messer war die nahende Vollendung ihrer Grausamkeiten. Dein schlagendes Herz konnten sie nicht mehr fressen. Sie brennen nun und morgen sind sie Staub und Asche. Aber - Mitra sei Dank - Du lebst !" Lachte dabei laut und triumphierend auf und hob den rechten Arm dabei nachdem sie Nawatu auf einem Ruheplatz gelegt hatte. Dann hochaufgerichtet streckte sie beide Arme weit geöffnet zum funkelnden Sternenhimmel Venoyhas auf, liess ihren Kopf mit ihren schwarzen Haaren in den Nacken fallen und das Mondlicht strahlte leuchtend auf ihre emporgestreckte bebende Brust mit der mystischen Bemalung, die das Licht in feinsten Strahlen zu reflektieren schien. "Mitra!" rief sie aus. "Deine Freundschaft für ihre Seele. Dein Herz für ihre Fruchtbarkeit. Deine Gnade für Ihr Leben. Mein Leben als deine Vollstreckerin bis in den Tod."
Nawatu stöhnte von Krämpfen durchzogen auf, rang nach der klaren Luft, spürte die gespenstische Totenstille um sich herum, die nur vom entfernten Geräusch der Flammen und knirschenden Holz duchdrungen war, und rief voller Entsetzen, aber äußerst geschwächt heraus: "Habt ihr denn alle, das ganze Dorf getötet?" Während die Kriegerin Nawatu behutsam auf eine mit einer dicken Decke ausgelegte Bambusliege legte, erwiderte die Kriegerin um Fassung ringend: "Die schänden, verstümmeln dich, wollten dir dein Herz bei lebendigen Leibe rausreissen und du wagst mir quer aufgeschlitzt solche Fragen zu stellen? Du müßtest dich sehen. Bist du denn nicht Tod zu kriegen ? Hat dich etwa die Hölle geschickt ?"
Nawatu schüttelte heftig und ungläubig voller Entsetzen den Kopf und ihre Augen wurden dabei immer größer.
"Halt!" Belite beugte sich zu ihr hin und legte behutsam ihre Hand auf Nawatus Schulter. "Du bist es wirklich wert ! Jede gemeine Bluttrophäe.“ Dann schrie sie unbeherrscht und ringsherum schallend laut auf: “Ja, eigentlich hätte ich das wirklich tun sollen – das ganze vergiftete Dorf ! " Nahm einen geschwungenen Wurfdolch und schleuderte ihn krachend in den zentralen und heiligen Hauptpfosten des Dorfplatzes, fuhr sodann ruhig zu Nawatu hingebeugt aber voller Grimmigkeit fort: "Nein, nur die Wachen, den Kultfanatiker des Set, die primitiven Schamanen und ihre Diener, den Häuptling, den vermummten Peiniger habe ich noch mit einem Wurfmesser erwischt und wer sich mir sonst entgegenstellte." Dann lauter: "Ich hätte ihn kastrieren sollen. Die anderen liefen vor den Flammen und voller Angst davon - zurück in ihre schäbigen Löcher. Dies wird ihnen eine wahre Lehre sein." Sie richtete sich erneut auf, drehte sich in alle Richtungen schauend um und hob wutergreifend ihre rechte Hand mit ihrem Schwert in die Höhe und rammte mit der linken einen Speer fest in den Boden: "Ich warne euch, lasst euch nicht sehen oder ihr seid tod. Ich lösche euch sonst alle aus. Erst wenn ich weg bin, könnt ihr den üblen Dunst eurer Sippe weiter verbreiten. Sollte ich wiederkommen, bleibt von eurem Dorf nur ein Grab.“
Dann auf einmal völlig besonnen und weich wie eine Feder direkt zum Ohr von Nawatu leise flüsternd zugewandt: „Ich bin Belite, Hohe Dienerin Mitras, und ich heile dich. Du gehörst jetzt zu mir. Halte ein ! Du machst mir wirklich Sorgen, wenn du dich aufregst. Huste nicht, hörst du, die große Brustwunde darf nicht erneut aufbrechen. Hast du verstanden ?" Die Kriegerin lächelte auf einmal so warmherzig, schaute erleichtert auf das Wundkissennetz mit der Kräutermasse, strich Nawatu zart über die pochende Schläfe und durch ihr grünlich glänzend gefärbtes Haar und bedeckte den von okkulten Bemalungen und von vielen blutverschmierten Schlitzwunden übersähten nackten Oberkörper Nawatus mit einem leichten samtweichen und luftigen Seidentuch. So ein edles und weich anschmiegsames Tuch hatte Nawatus Haut noch nie gefühlt. „Was ist mit meinem Gesicht ?“ platzte es erschrocken aus Nawatu heraus ?
„Ruhig, dein Gesicht ist so schön wie die aufgehende Sonne, so erfrischend süß wie eine Mangofrucht und so anschmiegsam wie das eines Streifenhörnchens.“ In Nawatu erströmte völlig erleichtert ein unendliches Glücksgefühl, sie freute sich so sehr trotz der vorangegangenen Folter und Qualen. Seit Jahren - wohl noch nie - hatte niemand soetwas Liebes zu ihr gesagt.
„Das Wurfmesser steckt noch immer in diesem sadistischen Hund“, grummelte Belite bissig vor sich hin. "Ich hol es mir morgen zurück, wenn er verkohlt ist. Boah, dieser fürchterliche Gestank. Diese sadistischen Schweine !" Sie fuchtelte mit ihrem Arm in einer dicken Rauchschwade herum, dann öffnete sie Nawatus rechte Hand und legte etwas Schlankes hinein und ganz flink und fest schloss sich Nawatus Hand. Es war alles, was ihr gehörte, ihr einziger wahrer Schatz. Es war ihr kleiner Elfenbeinstab. „Den werde ich dir nicht vorenthalten meine kleine Priesterin, auch wenn er einer anderen fürchterlichen Gottheit, dem stygischen Set, dienen sollte, wir werden uns nicht knechten lassen und Mitra zu ihm bringen,“ sagte die Kriegerin höhnisch und mit dämonisch anmutenden Unterton.
Doch Nawatu vernahm dies nicht mehr. Nawatus Sinne kreisten und dämmerten unaufhaltsam dahin in fremde ferne Welten, alles ging so rasend schnell und über ihr lag der klare Sternenhimmel Venoyhas. Das war alles, was Nawatu noch mitbekam bevor sie vollkommen ohnmächtig das Bewußtsein verlor und in wahnsinnigen Träumen versank.
"Am Ziele deiner Wünsche wirst du jedenfalls eines vermissen: dein Wandern zum Ziel."
"Am Ziele deiner Wünsche wirst du jedenfalls eines vermissen: dein Wandern zum Ziel." - Marie von Ebner-Eschenbach
Molon Labe versteht sich als privates Story- und Fansite-Projekt des von dem fantastischen Erzählwerk Robert E. Howards inspirierten Massive Multiplayer Onlinegame Age of Conan.
Vor allem ist es ein Schreibprojekt von Geschichten rund um die gespielten Charaktere, angeregt durch das Spielgeschehen Hyborias in Age of Conan wirkt es schliesslich in einer eigenen fantastischen Welt vorantiker archaischer Zeit - ganz im Stile von Sword, Sex and Sorcery.
Sämtliche Veröffentlichungen sind Entwürfe oder Manuskripte, also unfertig. Es geht dabei nicht um literarische Meisterschaft, sondern um das einfache Erzählen mithilfe des Schreibens.
"Aus den Trümmern unserer Verzweiflung bauen wir unseren Charakter." - Ralph Waldo Emerson
Seiten
Belite, die Eroberin - Hohe Dienerin Mitras
Hier entstehen die Geschichten um Belite, eine sagenhafte Gestalt uralter Legenden grauer Vorzeit.
Eine Kriegsamazone, selbstsicher und unabhängig, die einzige weibliche Primus Centurio des Blutordens der Mitraner in einer brutalen männlichen Welt der Gier nach Macht durch Unterdrückung und Unterwerfung.
Belite ist gütig und liebevoll, tugendhaft und aufrichtig. Freiheit und Gerechtigkeit gehen ihr über alles.
Belite betet Mitra an, die ihr schliesslich auf fernen Reisen in einer Vollmondnacht erscheint, ihr das wahre weibliche Anlitz der Naturgöttin zeigt und sie zu ihrer Erleuchteten im ewigen Krieg gegen die dunklen Mächte der Unterwerfung und Zerstörung macht.
Einsam, aber nicht allein tritt sie für die Schwachen, Armen und Wehrlosen ein, wird aber von diesen als unheimliche Bedrohung angesehen, denn dort, wo sie Magie und Schwert hinführen, gerät die alte Ordnung aus Betrug und Falschheit aus den Fugen.
So wird aus ihr eine einsame Abenteurerin im Zwiespalt mit der Welt und im Ringen mit den beherrschenden Mächten. Deshalb erscheint sie verflucht, verfolgt, ist ihrer Bestimmung und ihrem Schicksal ergeben.
Belite ist die Keimzelle für eine kleine eingeschworene Gemeinschaft voller Sehnsucht und Hingabe, junge und eigensinnige Gefährtinnen, die ihr in freiem Willen ergeben sind und gemeinsam mit ihr traumhafte Momente der Glückseeligkeit und tiefgrausamen Qual erleben sowie in wundersamer Weise todesmutig für das Gute eintreten - bis zum Untergang.
Es gibt kein Entrinnen oder Erbarmen. Unerbittlich gibt es nur eine Entscheidung: Gut oder Böse - Leben oder Tod !
Dienstag, 29. September 2009
Belite II: "Befreiung aus den Qualen"
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