"Am Ziele deiner Wünsche wirst du jedenfalls eines vermissen: dein Wandern zum Ziel."


"Am Ziele deiner Wünsche wirst du jedenfalls eines vermissen: dein Wandern zum Ziel." - Marie von Ebner-Eschenbach

Molon Labe versteht sich als privates Story- und Fansite-Projekt des von dem fantastischen Erzählwerk Robert E. Howards inspirierten Massive Multiplayer Onlinegame Age of Conan.

Vor allem ist es ein Schreibprojekt von Geschichten rund um die gespielten Charaktere, angeregt durch das Spielgeschehen Hyborias in Age of Conan wirkt es schliesslich in einer eigenen fantastischen Welt vorantiker archaischer Zeit - ganz im Stile von Sword, Sex and Sorcery.


Sämtliche Veröffentlichungen sind Entwürfe oder Manuskripte, also unfertig. Es geht dabei nicht um literarische Meisterschaft, sondern um das einfache Erzählen mithilfe des Schreibens.

"Aus den Trümmern unserer Verzweiflung bauen wir unseren Charakter." - Ralph Waldo Emerson




Seiten

Belite, die Eroberin - Hohe Dienerin Mitras


Hier entstehen die Geschichten um Belite, eine sagenhafte Gestalt uralter Legenden grauer Vorzeit.

Eine Kriegsamazone, selbstsicher und unabhängig, die einzige weibliche Primus Centurio des Blutordens der Mitraner in einer brutalen männlichen Welt der Gier nach Macht durch Unterdrückung und Unterwerfung.

Belite ist gütig und liebevoll, tugendhaft und aufrichtig. Freiheit und Gerechtigkeit gehen ihr über alles.

Belite betet Mitra an, die ihr schliesslich auf fernen Reisen in einer Vollmondnacht erscheint, ihr das wahre weibliche Anlitz der Naturgöttin zeigt und sie zu ihrer Erleuchteten im ewigen Krieg gegen die dunklen Mächte der Unterwerfung und Zerstörung macht.

Einsam, aber nicht allein tritt sie für die Schwachen, Armen und Wehrlosen ein, wird aber von diesen als unheimliche Bedrohung angesehen, denn dort, wo sie Magie und Schwert hinführen, gerät die alte Ordnung aus Betrug und Falschheit aus den Fugen.

So wird aus ihr eine einsame Abenteurerin im Zwiespalt mit der Welt und im Ringen mit den beherrschenden Mächten. Deshalb erscheint sie verflucht, verfolgt, ist ihrer Bestimmung und ihrem Schicksal ergeben.

Belite ist die Keimzelle für eine kleine eingeschworene Gemeinschaft voller Sehnsucht und Hingabe, junge und eigensinnige Gefährtinnen, die ihr in freiem Willen ergeben sind und gemeinsam mit ihr traumhafte Momente der Glückseeligkeit und tiefgrausamen Qual erleben sowie in wundersamer Weise todesmutig für das Gute eintreten - bis zum Untergang.

Es gibt kein Entrinnen oder Erbarmen. Unerbittlich gibt es nur eine Entscheidung: Gut oder Böse - Leben oder Tod !

Mittwoch, 29. Mai 2013

Xoxo. Die Cimmererin V - Untergebracht


Kaum hatte Xoxo mit dem Plündern der Leichen begonnen, brach Vajria zusammen. "Es ist einfach zuviel, so schwer, alles ... mir ist schwindelig", seufzte Vajria erschöpft. Ihr Gesichtsausdruck war dabei seltsam entspannt, sie schien zu lächeln, "bitte, lass mich hier nicht allein, ..." Vajrias Kopf fiel zur Seite und ihr ganzer Körper sackte weg als Xoxo sich über sie beugte. "Nein, mach ich nicht und du stirbst nicht, vor allem jetzt nicht, wo alles vorbei ist." Xoxo stand auf, als sie sich sicher war, dass Vajria zwar zusammengesunken, aber keine Gefahr um ihr Leben bestand. Vajria war einfach am Ende ihrer Kräfte. Es blieb ein Rätsel, wie sie so schwach und abgemagert bis hierher gekommen war und dann dazu noch in der Lage war, ihre Wurfpfeile so zielsicher und in dieser Wendigkeit zu schleudern. Xoxo wusste darum, wie es war, schwerverwundet und völlig ausgelaugt zu sein. Es konnte plötzlich über ein kommen, dann war man weg. Sie war sich jedoch sicher, die kleine geheimnisvolle Stygierin würde sich schon bald erholen und zu Kräften kommen, dann würde sie sich bald einen Namen machen, sodass man sie entweder töten oder verehren würde. Ja, ganz ohne Scherereien würde es nicht ablaufen. Eine Stygierin in Cimmerien, das war nur was für Verrückte. Trotzdem, es gebührte ihr Respekt, vor allem, da sie ohne jegliche Arroganz und typischer Hochnäsigkeit stygischer Herrschaften aufgetreten war. Dies hatte Xoxo am meisten verwundert. Nun, bis zu diesem Wahnsinn, dachte sie, bis dahin ist noch Zeit und viel Blut würde die Berge hinabrauschen, eine Schlacht würde den Krieg gegen die Invasoren nicht entscheiden. Es würden noch viele folgen. 


Sie begann nun mit der Plünderung fortzufahren, sammelte die fremden Schmuckketten ein, nahm einige Rüstungsteile, die aus seltenen unbekannten Material geschmiedet waren und packte alle Waffen zusammen, warf alles auf einen Haufen. Die Leichen liess sie liegen, doch ihre Köpfe spiesste sie auf einer ihrer Lanzen auf und stob den Stiel in den Boden. Dann lief sie schnell zu den Hängen, brach einige Äste heraus und band diese mit den Wildgräsern rasch zu einer einfachen Tragbarre zusammen. Sie trat nochmal mit vollem Körpergewicht auf die Verspannung. Es hielt und war fest. Flink hatte sie alles draufgeschichtet und Vajria daneben angeschnürt. Dann spannte sie sich davor, die Gürtel der Feinde benutzte sie als Riemen, wovon sie einen um ihre Stirn legte und dann loszog. Das alles war viel leichter, als was sie gewöhnlich an Wild an einem Jagdtag erlegte. Ein Säbelzahntiger oder ein ausgewachsener Büffel wogen zigmal soviel, eigentlich zu schwer für einen kräftigen Jäger. Bergauf machte es sie hin und wieder doch zu schaffen und sie war am spucken und fluchen. Vajria schlief fest, manchmal stöhnte sie, öffnete die Augen für kurze Zeit, sagte aber nichts, starrte in den Himmel. Xoxo gab ihr dann schnell was zu trinken bevor sie wieder wegsackte. Vermutlich hatte sie tagelang auf ihrer Flucht nicht mehr geschlafen. So zog Xoxo Vajria und die Kampfesbeute den ganzen Rückweg bis zu ihrer Behausung. Sie brauchte mehr als die doppelte Zeit, die sie sonst für diese Weg benötigte und als sie dort eintraf, brach bereits die Abenddämmerung herein.


Es sollte ein herrlicher cimmerischer Sonnenuntergang werden, der die ganze Umgebung in ein sattes orangefarbendes Licht tränkte. Sie liebte das, stellte sich völlig nackt mit gestreckten Beinen und ausgebreiteten Armen dem Sonnenlicht zugewendet auf und liess ihren Kopf leicht und wonnig in den Nacken fallen. So umarmte sie die Sonne und sie war glücklich, den Kampf überstanden und Vajria gerettet zu haben. Sie war mit sich im reinen und die Götter, da es soviele gab, waren ihr sicher. Nur Crom blickte argwöhnisch drein, als nähme er es ihr übel, die Stygierin nicht geopfert zu haben. "Das Blut meiner Feinde floss wegen ihr. Darüber solltest du dich freuen. Es sind auch deine Feinde. Die Feinde Cimmeriens und der Welt. Aber da du ihr Blut verachtest, ist es ist nicht dein Blut. Ich weihe es dem Blutrot der Sonne, der ewigen Mutter der Natur. Crom, du gemeiner Narr, geh hin zu deinen Mannen. Tränke mit ihrem Blut dein Schwert und lasse deinen Zorn bejubeln. Aber Vajria ist mein, ich hasse die Stygier nicht, denn Stygien war gut zu mir, verdanke ihnen mein Leben. Lass uns gemeinsam die Setisten und ihre sklavische Brut hassen. Sie sind die Feinde unserer Welt. Aber Vajria wird unser Land lieben, mehr wie dich und doch so sehr wie du. Sie wird ein Teil davon und Kunde davon in ihre Heimat bringen. Ein Kleinod über das selbst du bald wachen wirst, auch wenn du sie jetzt verfluchst wie alles Fremde und Unbekannte, ja, du wirst sie sogar lieben, als wäre es dein eigenes Kind. Und es wird deinen Zorn heraufbeschwören, wenn ihr jemand etwas tut ..." Sie hörte ihn wütend aufstampfen und böse fluchen. "Ja, ich höre dich. Polter nur du Rauhbein, ich kann nur darüber lachen. Du brutales Mannsbild eines Gottes, ihr seid doch alle gleich. Fast war es ihr, als hörte sie einen Knall vom lauten Zuschlagen der Tore des Hauses Crom. Doch sie ignorierte Croms schlechte Stimmung, war überzeugt, sich nicht in Vajria zu irren, wog sich rhytmisch in den Sonnenstrahlen, tanzte leicht und spürte ihre schamanische Kraft bis auch sie die Müdigkeit überkam. Sie entzündete noch schnell die alte Glut des Feuers, auch eine Fackel stellte sie auf. Dann legte sie Vajria auf ein aus federnden Zweigen und weichen trockenen gestauchten Gras bereitetes Lager, dass sie immer für Gäste hergerichtet bereit hielt. Xoxo cremte noch ihre Wunden. Die tiefe Schulterwunde brannte, als sie die ölige Medizin darauf träufelte, zog die Haut wie eine Beize zusammen. Doch sie war sich sicher, es war ein heilender und gesunder Schmerz. Die Wunde konnte ihr nichts anhaben. Weder war sie wirklich tief genug, noch war sie entzündet. Böse Wunden schmerzten anders oder manchmal gar nicht, brüteten im Innern ihre Fäulnis aus. Vajria schlief schon sehr fest und auch Xoxo wurde jetzt von der Müdigkeit überwältigt. Sie schaffte es noch, zwei ihrer Lieblingsfelle vor das Feuer auszulegen, nahm noch einen guten Schluck vom Beerenmeet, dann schlief auch sie am Feuer vor ihrer Höhle ein.


Das plätschernde Wasser in der steinernden Abflussrinne drang laut an Xoxos Ohren und weckte sie auf.  Vajria hatte die Dusche ausfindig gemacht und nutzte sie sogleich. Manche ihrer Stammesbrüder und -schwestern taten sich da schwerer, waren völlig unbeholfen diese Vorrichtung in Betrieb zu nehmen, da ihnen der Gebrauch unbekannt war, kam Xoxo in den Sinn. Ihr Zuhause mußte Vajria dennoch so primitiv vorkommen, die es sicher gewöhnt war, in Palästen und Tempeln mit unvorstellbarem Luxus zu leben. Wie es wohl Cyantia gerade bei den Mitranern erging ? Bald würde sie sie erneut besuchen. Xoxo räkelte sich und musterte ihre Wunden, die sie bereits gestern mit einer Kräuterpaste versorgt hatte. Sie waren nicht tief genug. Ihre Schulter lahmte nun doch, zog sich steif zusammen wie bei einer schweren Verrenkung, was sich aber nach einigen Streckungen wieder gab. Sie setzte sich auf in die Hocke, schaute den Hang hinab in die Weite. Lauschte dazu dem allmorgenlichen Konzert der Vögel tief unten in den Waldesrändern und auf den Hängen des Berges und beobachtete ein Reh in der Ferne. Sie schüttelte den Kopf, rieb sich die Augen, schaute neben sich auf das Rinnsal des Duschwassers.      


"Na, was sagst du dazu ? Einen Tempel habe ich dir nicht versprochen" rief Xoxo nach hinten, sitzend mit dem Rücken der Höhle zugekehrt, als das Geräusch des Wassers aufhörte. "Ich weiss", kam es prompt zurück, "doch so eine erbärmliche Höhle ist es nicht. Und deine Duschvorrichtung, damit habe ich gar nicht gerechnet, wie bei uns in Stygien, ich habe mich so gefreut, als ich sie sah. Ich mußte sie sofort in Betrieb nehmen. Ich habe seit Monaten nicht so geduscht und mir war dabei, als würde ich soviel Dreck abspülen, wie mein ganzes Leben nicht - soviel Schmerz und Schlechtigkeit." "Kommst du denn dabei mit einem Eimer aus ?" "Ha,ha, ja verdammt, ich bin doch keine miese Schlampe, das Wasser tut so gut und es duftet so herrlich vom fruchtigen Öl." "Ja, da habe ich die Idee auch her und habe sie hier aufgebaut. sowas findest du sonst nicht in Cimmerien." "Was dann?" "Frag lieber nicht, ich bin keine primitve Barbarin," Xoxo lachte. Vajria trat nun splitternackt und knochig vom öligen Wasser triefend hervor, verbreitete einen lieblichen Duft. Xoxo drehte sich zu ihr um und Vajria blieb etwas entfernt vor ihr stehen. Sie war so klein und spindeldürr. Ihr ganzer Körper war mit vielen nun rot glänzenden Narben übersäht, doch im Grunde schien ihr nichts wirklich zu fehlen, ganz abgesehen von ihrer geschwächten und ausgemergelten Gestalt. Sie war nicht verstümmelt oder entstellt. Nein, das war sie nicht, vielmehr schimmerte eine wundersame Aura der Würde und Eleganz noch immer aus ihr heraus, aber das lag wohl an ihrer schwingenden Art sich zu bewegen. Ihre Augen verschwanden funkelnd in dunklen schwarzen Gruben. "Hoi, du hast ja noch Öl dazugetan." Vajria lächelte, "mir geht es jetzt schon sehr viel besser und ich weiss gar nicht, wie ich dir danken soll, aber ich konnte plötzlich überhaupt nicht mehr" "Ach egal, ich kenn das, komm, ich habe kein Tuch zum reiben, ich setze mich immer in die Sonne oder ans Feuer, selbst im Winter. Du hast dich offenbar schon gut umgesehen. Komm, geniesse die Morgensonne, das Morgenlicht."


"Damit habe ich nicht gerechnet, ich dachte, oh bei allen Göttern, eine dunkle elende eklige Höhle, es erschauderte in mir, feucht, schmutzig und steinig, aber dann dachte ich, es ist besser, als das Dreckloch, wo ich vorher war. Doch wie soll ich sagen, das ist ja gar keine finstere Höhle. Es ist ein wunderschönes verträumtes Refugium. Was du alles angesammelt hast, ich werde mir vieles noch einmal anschauen. Es kommt, wie mir scheint von überall her. Wahre Schätze, ist dir das klar ? Bist du soweit schon überall gereist ?" "Ach nein, ich habe es von Händlern. Ich kann alles tauschen, wenn ich will, ich habe seltene Felle, Schwänze, Schädel, Klauen, Hörnungen soviel ich will. Dafür kriege ich alles. Ich war erst viermal in Aquilonien und einmal in Stygien. Das ist schon viel." Vajria kam näher, setzte sich im völlig flachen Schneidersitz dazu, dann liess sie ihre Handrücken der geöffneten Hand auf ihren Schenkeln ruhen. Xoxo freute sich mächtig, denn endlich war sie auf eine Person gestossen, die offenbar den wahren Wert ihrer Höhle, der ganzen Utensilien, die Artefakte ohne sonderliche Mühe zu begreifen verstand. Doch zuerst erklärte Xoxo ihr den Ablauf der nächsten Tage bis zu dem Tag, wo sie aufbrechen wollte zur nahenden Schlacht. Aber sie erklärte ihr auch, was ihr die Sonne bedeutete, die Natur und ihre cimmerische Götterwelt, die aus unendlich vielmehr bestand als aus Zorn, Hass und Gewalt. Ihre Heimat von der sie lebte und von der sie nie mehr nahm als sie brauchte. Vajria wurde klar, dass Xoxo nicht nur eine geschickte Wildtöterin und Kriegerin war, sondern auch eine Heilerin und reifende Schamanin. Diese göttliche Fügung der Begegnung hatte ihr das Leben gerettet. Jeder andere cimmerische Barbar hätte sie wohl getötet, töten müssen, um seine Ehre zu bewahren.


Ihre gemeinsamen Tage vergingen wie im Fluge. Xoxo stellte schon am ersten Tag für Vajria aus den Lederresten, die in vielen Kisten einsortiert waren, ein paar gewickelte Bundstiefel her. Sie verstand sich im Zuschneiden, Knoten und Knüpfen, wovon Vajria rein gar nichts verstand. Auch knotete sie ihr ein feines weiches Brustoberteil und einen Lendenschurz aus flauschigen Schwänzen erbeuteter Nager und Füchse. "Naja, du mußt noch etwas reinwachsen, aber du wirst ja noch zulegen, nehm ich an. Eine Mütze gibt es erst zum Winter." Vajria sah darin ulkig aus wie ein Zwerg. Auch untersuchte Xoxo alle ihre Wundmale, auch die teils eitrigen Stellen, quetschte sie aus, behandelte sie mit ihren verschiedenen Heil- und Kräuterpasten. Auch Vajria kannte sich in Heilkünsten aus und so konnten sie sich austauschen, doch viele Heilkräuter, die es in ihrer Heimat gab, gab es hier nicht. Deshalb schlüpfte Vajria als Gast zunächst einmal in die Rolle der Schülerin. Denn sie war wissbegierig und in Bezug auf stumpfsinnige cimmerische Barbaren hatte sie zumindest in Xoxo sehr schnell ihr Bild gewandelt. Sie fühlte sich so zu ihr hingezogen. Es war alles so anders, ganz und gar nicht so wie es heimische Hetze der stygischen Priester über Begegnungen mit barbarischen Cimmerern geschildert hatten: "Alles verdammte Wilde. Tötet sie. Häutet sie. Dann richten sie keinen Schaden an." 


Und diese Barbaren konnten tatsächlich sehr feinfühlige und intelligente Menschen sein, zumindest dem Anschein nach ?

Am nächsten Tag zeigte Xoxo Vajria die nähere Umgebung, wo sie frische Beeren, Pilze und Wurzeln finden würde und zu welcher Zeit sie diese Zonen aufsuchen sollte, um unliebsamen Kontakt mit Raubtieren zu vermeiden. Sie mußten immer wegen des geschwächten Zustandes von Vajria viel Rast einlegen. Und abends führte sie sie durch die Höhle, zeigte ihr überaus stolz alles und sie stellte fest, dass Vajria ihr über manche Dinge sehr viel mehr Aufschluss geben konnte. Vajria kannte sich aus in der Welt der Mythen, der Legenden, der Götter, der Toten und der Schattenreiche und dies offensichtlich über viele Regionen hinweg. Sie wusste sehr viel mehr. Die Edelsteine konnte sie alle benennen und woher sie stammten. Xoxo holte sogar noch verkramte Dinge aus alten Kisten hervor und Vajria mußte teils fassungslos mit dem Kopf schütteln, da sie den Wert sehr schnell erkannte, vor allem den immateriellen. Das einte beide, denn der materielle Wert bedeutete beiden sehr wenig, es war gut ihn zu wissen, um zu tauschen, aber wahre Bedeutung hatte er für sie nicht. Vajria entdeckte darunter schliesslich ein breites ovales und schweres Lehmbündel mit einem halben Meter Durchmesser und geriet darüber völlig in Euphorie. Sie stürzte sich sofort darauf, um die Lehmschicht mit Wasser einzuweichen. Dann nach einiger Zeit legte sie die rundliche Platte frei, die in einem Sack mit Seilen fest und dicht umwickelt war, wohl um Stösse abzuwenden . "Du weisst nicht, was das ist ? Glaube mir, das ist eine wahre Kostbarkeit ! Das gibt es nur in den Tempeln und Palästen. Ich selbst hatte auch nur einen, der aber kleiner war." Sie legte es hastig immer weiter frei, schliesslich blieb noch rauhes Tuch und darunter feines Fell. "So, jetzt pass auf. Es ist ein wahres Wunder." Beide lösten zusammen vorsichtig das Fell, zogen die schwarze Platte heraus. Es war eine rundliche Obsidianscheibe, völlig fein geschliffen und poliert. Beide konnten sich schon darin erkennen. "Es ist ein wunderbarer Spiegel. Viel feiner als meiner. Sie haben ihn über viele Tage auf Hochglanz geschliffen. Los komm noch mehr ans Licht." Beide konnten sich nun ganz klar sehen. "Ein seltenes Kunstwerk von höchster Reinheit. Sicher stammte es aus einem Tempel oder Palast bzw. es war dafür bestimmt und gut verpackt auf dem Weg dorthin. Ein Raubstück bestimmt. Und keiner dieser Räuber erkannte dessen Wert." Xoxo nickte lächelnd, "vermutlich Barbaren". Xoxo betastete sich andauernd vor dem Spiegel. Vajria und Xoxo beugten sich immer wieder abwechselnd vor und grinsten sich an. "Du kennst dich wirklich aus. In Aquilonien habe ich soewas mal gesehen. danach nie mehr." "Ha, ha, das ist noch nicht alles. Wir legen ihn jetzt flach hin. Siehst du den feinen Rand ? Komm, gib mir etwas Öl." Vajria beträufelte die Platte verrieb es bis kein Film mehr zu sehen war, hielt die Platte gegen das Licht, legte sie wieder ab auf einen Schemel. "Siehst du den feinen Rand. Lass uns das reine Felswasser nehmen. Sie träufelte es auf die Platte und es begann zu perlen und zu glitzern bis die Platte sich mit einem feinen Wasserfilm überzogen hatte. Das Staunen war nun noch grösser, es war ein perfekter Spiegel. Alles war klar und deutlich zu sehen, was der Spiegel aus der Umgebung einfangen konnte. Es war atemberaubend und für Xoxo das erste Mal überhaupt diesen Spiegelglanz für sich zu entdecken.


Zum Abend lud Vajria, der es merklich besser ging, am dritten oder vierten Tage Xoxo zu wohltuenden Ganzkörpermassagen ein, sie wolle damit etwas zurückgeben, um ihre Dankbarkeit zu erweisen für die Gnade und Gastfreundschaft, die sie erfahren hatte. Es waren Massagen, die so in Cimmerien eher nicht gebräuchlich, vielmehr gänzlich unbekannt waren. Xoxo hielt das ganze anfängliche Gehabe mit den Betröpfelungen von Öl und feinsten Blütenstaub zunächst für etwas überzogen und lächerlich, doch dann merkte auch sie, wie sehr es sie öffnete und entspannte. Vajria spürte jeden Winkel ihrer Muskeln, Bänder und Sehnen auf, teils fühlte sie mit den Fingerspitzen wie auf einem Seidenfaden entlang, dann wiederum knetete sie mit den vollen Händen. Manchmal klopfte und trommelte sie ihren Rücken durch, dann gleitete sie wieder sanft und grossflächig über ihre Haut. Auch hockte sie federleicht auf Xoxos Rücken und Bauch, walkte ihre grossen fülligen Brüste, auch besonders dort wo ihre grosse Narbe war und Xoxo erzählte ihr dabei von ihren Kämpfen mit den Säbelzahntigern, der Jagd in der Wildnis, aber auch von den Problemen in ihrem Dorf, der neidischen Streitsucht einiger Bewohner. Beide lachten dabei viel. Vajria löste schnell ihre versteckten Verkrampfungen, war sehr einfühlsam und zärtlich, hatte ein tiefsinniges Gespür dafür. Beide kamen sich noch näher. Und eines Abends tanzte Xoxo für sie ihren beschwörerischen Tanz vor dem Feuer. Ja, sie war eine wahre Geschichtenerzählerin und Vajria empfand tiefsten Respekt, bewunderte Xoxo sehr, ihre Einfachheit, ihre Wildheit, ihre Freiheit, aber auch ihre Stärke und ihren Mut. Doch sie wollte noch warten bis sie Xoxo ihre wahre Geschichte anvertrauen wollte, noch immer hatte sie Angst, ob sie damit nicht alles zerstören würde. Diese finsteren Gedanken verdrängte sie, doch sie spürte, es war bald an der Zeit es zu tun, doch sie wagte es nicht, es noch vor der Abreise zu tun, nahm sich vor, es bei der Rückkehr Xoxos von der Schlacht zu tun. 


Vor allem auch ihre Behausung gefiel ihr, zwar sehr einfach, aber sehr schön und liebevoll beschmückt und behangen, sodass es für sie wie eine Entdeckungsreise war: wunderbare weiche Felle, zauberhafte Amulette und verzierte Talismänner, steinernde und hölzernde Masken, prachtvoller Federschmuck, edle Ketten aus Knochen und Edelsteinen, bemalte Schalen und Krüge, feinste seidene Vorhänge und Tücher ... und sogar einen wertvollen schwarzen Obsidianspiegel. Niemals hätte sie dies für möglich gehalten. - 
So hatte sie sich weder eine cimmerische Begegnung, noch eine barbarische Höhle vorgestellt. Alles war wie ein Traum, war wie ein Wunder.

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